Lippeaue von Wethmar bis Lünen

Das Naturschutzgebiet durchläuft von Osten nach Westen eine bemerkenswerte Transformation. Beginnend mit einer weiten und offenen Flussaue verjüngt sich das Schutzgebiet im urbanen Umfeld zu einem schmalen Streifen. Bis zum Wehr Beckinghausen wird die Lippeaue hauptsächlich als extensives Grünland genutzt. Hier finden sich Seggenrieden und kleine Überreste von Auwäldern. Die Altwasser und Kleingewässerkomplexe zeigen eine deutliche Gewässerzonierung und bieten Lebensraum für eine Vielzahl gefährdeter Pflanzenarten der Wasserpflanzengesellschaften.

Wenn man sich der städtischen Umgebung nähert, wird die starke Veränderung der Landschaft durch menschliche Eingriffe deutlich. Hier dominieren Siedlungen, Verkehrswege und Industrieanlagen das Bild. Am Wehr Beckinghausen regulieren alte Mühlen und Schleusen den Flusslauf. Die Eisenhütte Westfalia markierte zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Anfang der Industrialisierung in der Region und nutzte in der Lippeaue von Haus Dahl bis weit östliche von Lippstadt ihr Recht „Raseneisenerz“ abzubauen. Heute erinnern nur noch wenige historische Gebäude an diese Vergangenheit. 

Von einer rekonstruierten Brücke aus bietet sich ein herrlicher Blick auf die Lippe. Der ehemalige Brauchwasserkanal ist umgeben von Naturflächen mit Weidelandschaften, neu geschaffenen Blänken und sich entwickelnden Auwäldern. Diese Lebensräume mit ihren feuchten Hochstaudenfluren, Seggenrieden und Weidengebüschen bieten Vögeln wie der Rohrammer, dem Sumpfrohrsänger und dem Teichrohrsänger einen Brutplatz. Wasservögel wie Krickenten, Reiherenten, Löffelenten, Schnatterenten und natürlich Stockenten können hier oft beobachtet werden. 

Südlich der Lippe offenbart sich ein geschichtsträchtiges Gelände. Am Mündungsbereich des Rotherbachs finden sich Überreste eines römischen Uferkastells auf dem Lippehochufer, umgeben von den ältesten Buchenwaldbeständen der Stadt Lünen. Wo einst der Rotherbach in starken Windungen verlief, haben Bergsenkungen die Landschaft geformt, und heute erstreckt sich dort eine weite, vernässte Tallandschaft. Hier ist ein Wald aus alten Pappeln entstanden. In den Wurzeltellern umgestürzter Pappeln legen Eisvögel gerne ihre Brutröhren an, während das stehende Totholz von Kleinspechten und anderen Höhlenbrütern genutzt wird. 

Besonders bemerkenswert ist der Auwaldabschnitt zwischen dem Wehr Beckinghausen und der Bahnbrücke, der sich von anderen Auwaldresten abhebt. Hier fällt ein Auwald mit ausladenden Silberweiden ins Auge, der episodisch überflutet wird. Silberweiden sind eine typische Baumart für Weichholzauenwälder, die als europaweit bedeutender und geschützter Lebensraum gelten. Ihre Anwesenheit belegt die Einzigartigkeit und Schutzwürdigkeit des Gebiets und seiner strukturreichen Flusslandschaft. 

Hast du noch Fragen?