Hemmerder Wiesen
- Naturschutzgebiet Hemmerder Wiesen, Unna
- Flächengröße: 53,0 ha
- Rechtskräftig seit: 2008
- Weitere Informationen: Aussichtspunkt vorhanden I Spaziergang über einen ca. 1 km langen Stichweg (Sackgasse) durch das Gebiet möglich
Eine wechselvolle Geschichte - von einer intensiv genutzter Ackerlandschaft zurück zum Vogelparadies
Das rund 53 ha große Naturschutzgebiet befindet sich nördlich von Hemmerde im Grenzbereich zum Gebiet der Gemeinde Bönen und bildet die Fortführung des dort befindlichen Naturschutzgebietes „Horster Mühle“. Die weitläufige, offene Wiesen- und Weidelandschaft wird durch drei Bäche begleitet. Die zentral durch das Gebiet verlaufende Amecke weist durch einen gut schüttenden Quellhorizont am Fuße des Haarstrangs die stärkste Wasserführung auf. Westlich an der Gebietsgrenze verläuft der Kirchbach, der so wie auch die Amecke, etwas weiter nördlich in den Lünerner Bach mündet.
Im Zuge der landwirtschaftlichen Meliorationen wurden die Fließgewässer bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts begradigt, vertieft und mit Wasserbausteinen befestigt. Lange Zeit war auch die alte Grünlandniederung von drainierten und intensiv genutzten Ackerflächen geprägt. Vor allem in den 60er und 70er Jahren wurden zur Ertragssteigerung viele der alten Wiesen und Weiden zu Äckern umgebrochen.
Im Rahmen von ökologischen Ausgleichsplanungen nutzten der Kreis Unna und die Stadt Unna die Möglichkeit, die Flächen in öffentliches Eigentum mit dem Zielen des Naturschutzes zu überführen. Auch der NABU konnte einige Flächen erwerben. Es folgte die Rückumwandlung zu extensiv genutzten Grünländern sowie die Anlage von zahlreichen Stillgewässern und Flachwasserbereichen (Blänken).
Weiterhin wurden Uferbereiche von Amecke und Kirchbach stellenweise umgestaltet, so dass Steilufer und Flachwasserzonen entstehen konnten. Die artenreichen Hochstaudenfluren mit Mädesüß und Blutweiderich an den Ufern werden im Sommer von zahlreichen Insekten besucht, in die üppige Wasservegetation aus Schmalblättrigem Merk, Brunnenkresse und Wasserstern legen Libellen wie die Gebänderte Prachtlibelle ihre Eier ab.
Durch diese Extensivierung kehrt nun nach und nach der alte Artenreichtum in die Feuchtwiesen zurück. Der Feuchtgrünland-Offenlandkomplex, den sie heute besuchen können, gilt wieder als ein kleines, aber feines Natureldorado – eines der wertvollsten Brut-, Nahrungs- und Rastgebiete für Wat- und Wasservögel im Kreis Unna.
Wasser schafft für Leben und Artenvielfalt in den Wiesen: Zu regenreichen Zeiten besteht die Möglichkeit ein kleines Stauwehr an der Amecke zu aktivieren und Wasser über eine Flutrinne auf die Wiesenflächen zu leiten. So wird eine kontrollierte Vernässung der Wiesen ermöglicht, ohne die Ökologie des Quellbaches zu beeinträchtigen.
Vogelwelt
Viele Vogelbeobachter kennen das Schutzgebiet und halten vor allem im Frühjahr Ausschau nach Wat- und Wasservögeln wie Grünschenkel, Flussregenpfeifer, Kampfläufer, Waldwasserläufer, Uferschnepfe, Rotschenkel, Bruchwasserläufer oder Spießente. In jedem Frühjahr werden mit Spannung die Kiebitze zurück erwartet und die Brutpaare gezählt, die seit einigen Jahren die Flächen als Brutgebiet für sich zurückerobert haben. Zahlreich sind inzwischen auch Graugans, Kanadagans und die neu eingebürgerte Nilgans.
In den Wintermonaten nutzen seltene Wintergäste wie Kranich oder Bekassine die offenen Wasserflächen zur Rast. Zu den Brutvögel gehören Nachtigall, Kuckuck, Steinkauz, Feldschwirl, Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Schwarzkehlchen, Goldammer, Rohrammer und gelegentlich sogar der Baumfalke. Nahrungsgäste sind z.B. Wacholderdrossel, Wiesenpiper, Braunkehlchen, Eisvogel, Silberreiher, Feldlerche, auch ein Ziegenmelker ruhte bereits zwei Tage versteckt auf einem der Zaunpfähle im Gebiet.
Seit 2018 brüten Störche in den Hemmerder Wiesen, zunächst auf einer abgestorbenen Erle im Schutzgebiet, heute auf dem Dach eines nahe gelegenen Hofes. Die dichten Hecken entlang des Hauptweges und im Übergangsbereich zwischen NSG Hemmerder Wiesen und NSG Horster Mühle sind ein traditioneller Brutplatz des seltenen Neuntöters. Er benötigt Großinsekten wie Libellen und Heuschrecken als Nahrung, die vor allem in den breiten Säumen aus Altgras und Hochstauden entlang der Grünlandflächen zu finden sind.