Lippeaue von Stockum bis Werne

Im Rahmen der Umsetzung der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie im Kreis Unna erlangte das Naturschutzgebiet Lippeaue von Stockum bis Werne mit der Änderung des Landschaftsplanes Werne-Bergkamen zum 05.12.2007 Rechtskraft. Das ca. 188 ha große Naturschutzgebiet im Bereich der Lippeaue südlich und östlich von Werne erstreckt sich zwischen dem Stadtgebiet von Hamm und der die Lippeaue querenden B233 im Westen. Es umfasst Teile der Fauna-Flora-Habitat-Gebiete DE-4312-301 und DE-4314-302 und weitere, weitgehend innerhalb des (gesetzlichen) Überschwemmungsgebietes liegende Pufferflächen. Im neuen Naturschutzgebiet Lippeaue von Stockum bis Werne sind die alten Naturschutzgebiete Silberweiden-Auwald in der Mittlake, Lippeaue mit drei Altwassern westlich der A 1 und Lippeschleife südlich des Gersteinwerkes vollständig aufgegangen.

Wertvolle typische Auenlebensräume und traditionelle, oftmals artenreiche Grünlandflächen finden sich insbesondere im Bereich der alten Naturschutzgebiete. So stehen im Bereich des Auwaldes Mittlake, einem der wenigen alten, flächig ausgeprägten, artenreichen Silberweidenauwälder in der Lippeaue des Kreises Unna, auentypische Gehölze mit flachen Kleingewässern, Schilfröhrichten, Seggenrieden, Hochstaudenfluren sowie extensiv genutztem Grünland miteinander im Komplex.

Westlich der A1 liegen in der Aue drei Altwasser. Diese einstmals von der Lippe durchflossenen Mäanderschleifen stellen heute wertvolle, natürlicherweise nährstoffreiche Stillgewässer dar. Zwischen den beiden Altwassern südlich der Lippe liegen langjährig extensiv genutzte und daher artenreiche Wiesen und Weiden.

Größtenteils ist in diesem Bereich das typische, reich strukturierte Auenrelief erhalten geblieben, wo an anderer Stelle z.B. durch ackerbauliche Nutzung das Kleinrelief eingeebnet wurde.

In einer Senke, wo einstmals die Lippe entlang floss, konnte sich eine artenreiche, nährstoffarme Nasswiese etablieren, in der diverse gefährdete Pflanzenarten wachsen. Arten, wie die unscheinbare Natternzunge (Ophioglossum vulgatum), Wiesen-Silau (Silaum silaus) oder Knabenkraut (Dactylorhyza majalis x Dactylohyza incarnata) sind nur noch an ganz wenigen andere Wuchorten im Kreisgebiet zu finden.

Die Lippeschleife südlich des Gersteinwerkes wurde ebenfalls vom heutigen Flusslauf getrennt. Zusammen mit der Entschlammung eines bestehenden Kleingewäsers wurde 2003 ein neues, flaches Gewässer innerhalb der Schleife angelegt, welches Anbindung an den heutigen Altarm hat. Dieser Bereich dient zahlreichen wassergebundenen Vogelarten als Ruhe- und Nahrungsgewässer.

Wie aus den Luftbildern und den Infotafeln ersichtlich, sind viele der restlichen, in privater Hand befindlichen Naturschutzgebietflächen noch intensiv, vorrangig ackerbaulich genutzt. Rund 34% der gesamten Naturschutzgebietfläche war in 2017 Acker. Mehrere der großflächigen Grünlandflächen werden gleichfalls intensiv bewirtschaftet.

Entlang der Lippe wurden auf mehreren Ackerflächen Uferrand- / Erosionsschutzstreifen als Agrarumweltmaßnahme angelegt.

Vorrangig im Westen des Naturschutzgebietes konnte die öffentliche Hand in den vergangenen Jahren auch im Rahmen des aktuell laufenden Flurbereinigungsverfahrens Flächen erwerben. Dies eröffnete die Möglichkeit Ackerflächen in extensiv genutztes Grünland umzuwandeln bzw. Grünlandflächen zu extensivieren.

Siehe auch: Flächenbegrünung durch Mahdgutübertragung – ein Beitrag für die biologische Vielfalt

Alle Lebensräume in der Lippeaue zwischen Stockum und Werne sind unweigerlich vom Fluss abhängig bzw. mit ihm verbunden. Auf den rund 8,5 Fließkilometern durch das Gebiet konnte die Lippe an sich als typischer sanggeprägter Tieflandfluss in 2016 lediglich auf ca. 3,4 Kilometern als Fließgewässer mit Unterwasservegetation (Fauna-Flora-Habitat-Lebensraum 3260) mit einer Erhaltungszustand B angesprochen werden (bezogen auf die Biotoptypenflächen). Ein anzustrebender guter Erhaltungszustand A kann dem Fluss hier noch nicht attestiert werden.

2011 wurde im Bereich des Steichwehres südlich von Werne ein Umgehungsgerinne angelegt, um an diesem Zwangspunkt die Lippe für Gewässerorganismen durchgängig zu machen. Im Zuge der Umgestaltungen, wurde südlich des Umgehungsgerinnes zudem eine Auewaldinitialpflanzung vorgenommen.

Ein weiteres Wehr welches die Lippe im Bereich des Naturschutzgebietes überwinden muss, liegt südwestlich des Gersteinkraftwerkes bei Stockum.

Derzeit ist der Fluss nur in wenigen Bereichen im Gebiet in der Lage bei kleineren Hochwasserereignissen über die Ufer zu treten und sich auf direktem Wege mit seiner Aue zu verbinden. Um sowohl den Fluss leitbildgerechter werden zu lassen und auch seiner Aue wieder neuen Atem einzuhauchen, gibt es derzeit zwischen dem Streichwehr Werne und dem Wehr Beckinghausen bei Lünen Planungen des Lippeverbandes für eine Renaturierung des gesamten Auenbereiches (Lippeauenprogramm).

Vom Ostenhellweg (Rünthe) sowie von der Fischerhofbrücke (Werne) führt südseitig der Lippe gen Osten ein Fahrradweg bis zum Naturschutzgebiet Am Tibaum auf Hammer Stadtgebiet.

Da es im Gebiet immer wieder zu einer Störung von störungsempfindlichen Arten kommt, sind Besucher herzlich angehalten, die Wege nicht zu verlassen und ihre Hunde an der Leine zu führen. Beachten Sie bitte die Informationen der Hinweisschilder.

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